An einem sonnigen Tag bei eisigem Wind versuche ich mich an dieser kurzen Wanderrunde. Zurzeit befinde ich mich im Marathontraining, also viel und lange Laufen. Und diese Runde lässt sich perfekt an meinem samstäglichen langen Lauf anhängen.
Ybbser Altstadt#
Früh morgens steh ich am Ybbser Hauptplatz vor dem Rathaus, wo diese Runde beginnt. Straßenbahnhaltestelle steht auf einem Schild geschrieben, doch die Schienen fehlen. Denn die Straßenbahn gibt es schon länger nicht mehr. Von 1907 bis 1953 verkehrten zwischen Rathaus und Bahnhof zwei elektrifizierte Waggone über eine Strecke von lediglich 3 km, die zweitkürzeste Straßenbahnlinie in Österreich.




Eine große Stadt ist Ybbs eben nicht, aber trotzdem ein spannendes Zeugnis des mittelalterlichen Städtebaus. Reste der Stadtmauer sind zwar kaum mehr vorhanden, dafür aber der Stadtgraben, der in einem Halbkreis die Altstadt noch heute begrenzt. Enge Gassen führen auf Kopfsteinpflaster zu den mittelalterlichen Palais, der landesfürstlichen Burg und der Pfarrkirche Sankt Lorenz. Unter dem Passauer Kasten, eines dieser Palais, wird auch ein römischer Limes-Wachturm vermutet, ein Hinweis auf die lange Siedlungsgeschichte.
Donaulände#
Vom Hauptplatz laufe ich holprig auf Kopfsteinpflaster zur Donau hinab. Strahlend blau zeigt sich heute die Donau. Am Ende der Altstadt durchquere ich ein Tor. Im Gegensatz zu ihren mittelalterlichen Pendants soll es nicht Angreifer abwehren, sondern die Stadt vor dem Hochwasser der Donau schützen.


Die nachfolgende Kaplan-Turbine bezeugt allerdings auch die Nutzung des sanften, gemäßigten Donaustroms zur Stromgewinnung. Ein paar Kilometer flussaufwärts erkenne ich die hohe Staumauer des Donaukraftwerkes Ybbs-Persenbeugs, welches das Donautal des Strudengaus abschließt. Steile Hänge fallen zu beiden Seiten hinab zum Kraftwerk.
Therapiezentrum Ybbs#
Weiter geht’s durch das Therapiezentrum Ybbs und damit erstmals etwas bergauf. Das psychiatrische Krankenhaus setzt sich zusammen aus zwei Gebäuden: ein ehemaliges Kloster und eine Kaserne. Das Kreuz auf der Gebäudemauer gibt einen Hinweis auf die ursprüngliche Nutzungsgeschichte. Zisterzienserinnen und zuletzt Franziskanerinnen versuchten einen Orden zu etablieren. Schließlich wurde im 19. Jahrhundert das Kloster und die gegenüberliegende Kaserne, die im 18. Jahrhundert erbaut wurde, von der Stadt Wien gekauft, welche seitdem das Ensemble als Krankenhaus führt.
Marienhöhe#
Nach dem Therapiezentrum verlasse ich die Stadt. Ein steiler, kurzer Weg führt mich hinaus und hinauf nach Scharlreith, ein kleiner Weiler oberhalb von Ybbs. Ein wunderbarer Rundumblick über die Donau, das Kraftwerk und Ybbs breitet sich vor mir aus. Auch den Ötscher kann man von dieser Hochebene erblicken. Aber Nebelschwaden verschleiern ihn diesmal.
Und wer genießt hier die warme Sonne auf der Weide? Ein paar flauschige Alpakas. Gespannt mustern sie mich in ihren kuscheligen Wollpullovern. Aber ich ziehe weiter in ein kleines Waldstück. Auf der Marienhöhe, der Name des Waldstücks, finde ich einen Baumkreis und eine Schaukel vor. Die Aussicht ist leider nicht ganz so toll. Die Bäume verdecken den Blick ins Tal. Aber dafür ist der Weg spannend zu laufen. Bergauf und bergab.
Von der Marienhöhe geht es dann wieder leicht bergab und beim nächsten Bauernhof begrüßen mich Pferde und Ponys. Danach umrunde ich ein großes Feld. Am Endpunkt dieser Runde finde ich wiederum ein paar Pferde und auch Ziegen. Ab hier verlasse ich die Feldwege und über Straßen führt der Weg über Theinstetten wieder zurück nach Ybbs.
Am Kirl#
Doch bevor ich in die Altstadt gelange, passiere ich noch den vereisten Kirlteich. Davor befindet sich ein großes Denkmal an die Völkerschlacht bei Leipzig, welches 1913 also 100 Jahre nach der Schlacht gestiftet wurde – ein eher ungewöhnlicher Ort für so ein Denkmal, denn Ybbs ist meines Wissens nach kaum mit den Napoleonischen Kriegen verknüpft. Das Denkmal hat auch schon mal bessere Zeiten gesehen und befindet sich in einem schlechten Zustand.
Vom Kirl hüpfe ich dann noch ein paar Treppen hinunter und befinde mich sogleich wieder vor dem Therapiezentrum. Von dort ist dann nicht mehr weit in die Altstadt.
Für Kinder ist die Wanderung sicher ein Erlebnis, schließlich besucht man etliche Tiere. Im Sommer weiden auch ein paar Kühe, aber die sind jetzt in warmen Ställen. Große Schwierigkeiten finden sich nicht. Nur der kurze Anstieg und Abstieg auf das Hochplateau über Ybbs erfordert etwas Fitness und Geschick.