Für meine nächste Wanderung muss ich nicht weit reisen, da sie lediglich im Nachbarbezirk, Krems Land, im wunderschönen Donauflusstal der Wachau, liegt. Deshalb kann ich später als gewöhnlich starten. Meine Schwester beschloss zudem, sich mir anzuschließen, weil sie am Nachmittag eine Ausstellung auf der Schallerburg besuchen wollte.
Wir fahren morgens die Donau entlang und kommen kurz vor 9 Uhr im kleinen Weiler Sankt Lorenz an. Es gibt nur eine alte Kirche und ein paar wenige Häuser. Über eine Fähre ist das Dorf mit dem gegenüberliegendem Ort Weißenkirchen verbunden. Die Fähre kann auch Autos befördern, eine wichtige Aufgabe, da das es in der Wachau abseits von den Übergängen in Melk und Mautern keine Brücken gibt, die die Dörfer sonst nördlich und südlich der Donau miteinander verbinden könnten.
Dornröschen#
Von St. Lorenz führt unsere Wanderung sofort bergauf durch den reichen Laubmischwald des Dunkelsteinerwaldes. Wir erlangen schnell an Höhe und können so durch die Bäume Ausblicke über das Tal, die Donau und Weißenkirchen erhalten.
Etliche größere Steinstrukturen zieren den Weg. Sie erinnern uns daran, wie die Donau ihren Weg durch das böhmische Massiv geschaffen hat und die Hügelkette des Dunkelsteinerwaldes dabei abtrennte. Ärgerlicherweise, je höher wir kommen, desto mehr begegnen uns Himbeersträucher. Vorsicht vor ihren spießigen Dornen. Es fühlt sich für mich so an, als wäre ich der Prinz, der nach Dornröschen sucht, um es von ihrem hundertjährigen Schlaf zu befreien.
Am Seekopf#
Wenn die Vegetation weniger üppig ist, wie im Herbst, Winter oder frühen Frühling, wäre der Weg mit Sicherheit angenehmer zu begehen. Aber jetzt müssen wir durch. Glücklicherweise erreichen wir bald den Hochpunkt der Wanderung, den Seekopf (671 m). Auf dem Hügel steht eine neu erbaute Aussichtsplattform. Wir steigen vier lange Stiegen hoch und stehen dann über den Bäumen, blicken über sie hinweg. Die vielen Treppen zahlen sich aus. Wir erhalten einen wunderschönen, weiten Blick über das Tal bis nach Göttweig und Krems.
Der nächste Abschnitt der Wanderung hingegen ist ziemlich ereignislos. Wir folgen einer breiten, beständig leicht abfallenden Forststraße. Schnell versuchen wir dieses Waldstück zu überbrücken und erhöhen unser Tempo. Wilde Himbeersträucher sind jetzt aber auch keine mehr in Sicht.
Biritor#
Das Biritor, heute steht hier nur mehr eine Steinmauer, wurde zum Schutz vor türkischen Soldaten erbaut. Vereinzelte Truppenbestände gelangten während der zweiten Türkenbelagerung Wiens bis in die Wachau und verwüsteten das Land. Für uns markiert es auf dieser Wanderung das Ende des Waldes und den Beginn der Weingärten. Rossatz ist vollständig von Weingärten und Marillenbäumen umgeben. Der nachfolgende Pfad umarmt die Waldlinie und zu unserer rechten liegen die Weinreben.
Auf der anderen Donauseite befindet sich Dürnstein mit seinem berühmten, blau gefärbten Stift und der Ruine Dürnstein, in der Richard Löwenherz, ein englischer König zur Kreuzfahrerzeit, möglicherweise inhaftiert gewesen war. Laut der Legende zog sein Barde von Burg zu Burg und sang Richards Lieblingslieder, um ihn zu finden. Er war erfolgreich und mit seiner Hilfe konnte Richard entkommen.
Rossatz#
Das Gehen durch die Weinberge ist entspannend. Die Trauben sind fast reif für die Ernte, die zumeist Ende September beginnt. Kleine Tafeln am Rande der Felder erwähnen das dazugehörige Weingut und welche Art von Weintrauben die Reben tragen: Grüner Veltliner, Riesling, Sauvignon Blanc, … Von weitem können wir jetzt bereits die Kirche von Weißenkirchen erkennen, nicht mehr weit und wir sind zurück an unserem Startpunkt.