In Weitental bei Lackenhof starte ich. Hier fährt auch der Große Ötscherlift zum Ötscherschutzhaus hinauf. Wer sich den Anstieg auf den Riffelsattel (1283 hm) sparen will, kann gerne den Lift nehmen. Es ist noch ein alter Zweiersessellift, den man nicht mehr so häufig in den Alpen findet.
Ansonsten wandert man entlang der Riffelabfahrt zum Riffelsattel. Eine breite Schneise zieht die Skiabfahrt durch den Wald. Im Winter carven hier die Skifahrer hinunter. Doch wie lange noch? Das Skigebiet Lackenhof, rund um den Großen und Kleinen Ötscher, hat seit Jahren finanzielle Probleme. Vielleicht ist bald die letzte Skisaison angebrochen.
Riffelsattel#
Der vom hohen Gras umsäumte Weg führt ohne Serpentinen direkt auf den Riffelsattel. Hier mache ich meine erste Pause. Ach, die belegten Brote schmecken gut nach diesem Anstieg. Die Aussicht ist ebenfalls ein Traum. Viel Wald. Von links kommt der Weg zum Ötscherschutzhaus, nach rechts führt der Weg zum Kleinen Ötscher, und geradeaus hinab geht es in den Ötschergraben.

Steil fällt er ab. Nach ein paar hundert Meter gelange ich auf eine breite Forststraße. Ab hier wird es nun flacher. In einer Lichtung mitten im Wald steht hier ein einsames Haus. Die Örtlichkeit ist nach der ehemaligen Holzknechtfamilie Spielbichler benannt, die hier im 18. Jahrhundert siedelte und über etliche Generationen bis ins 20. Jahrhundert die Hütte bewohnte. Der Ötscherbach entspringt nicht weit von hier.

Zunächst wandere ich noch entlang der breiten Ötscherstraße, von wo aus ein kleiner Pfad hinab zum Ötscherbach abzweigt. Ab hier beginnt die Wanderung durch die fantastische Schlucht des Ötschergrabens.
Ötschergraben#
Ein kleines Bächlein überquere ich. Entlang des Hanges schlängelt sich der Pfad durch den Wald bis ich endlich den Ötscherbach erreiche. Beim Schleierfall lässt sich gut eine Pause einlegen. Wie ein Schleier überzieht das Wasser die Felsen und fällt hinab zum Ötscherbach. Bei großer Trockenheit führt der Wasserfall manchmal gar kein Wasser. Ein kleines Rinnsal.



Hier findet der Ötscherbach noch ein sanftes Tal vor. Er kann sich ausbreiten, wie er möchte. Doch das ändert sich, je länger ich seinem Lauf folge. Die Hänge werden steiler. Bald hält sich keine Vegetation mehr an ihnen und Felswände fallen senkrecht ab zum Bach. Der Pfad wird auch schmaler und hebt sich immer höher vom Bach ab. Als ein dünnes Band schmiegt er sich entlang der Felswand. Dafür wurden auch etliche Holzstege erbaut, die sich wunderbar in die Landschaft einfügen. Die natürliche Schönheit der Umgebung, der goldblaue Bach, der rotgraue Fels und die sattgrünen Gräser und Bäume, lassen mein Herz höher schlagen.



Schließlich komme ich zum Mirafall, dem nächsten großen Wasserfall. Dieser ist spektakulärer als der Schleierfall. Von einer Felskuppe fällt das Wasser circa 30 Meter senkrecht tosend hinab. Nach dem Schleierfall wird die Schlucht enger. In der Ferne erkenne ich eine eindrucksvolle Brücke über den Bach. Sie führt zum Ötscher-Hias, wo man bei Speis und Trank rasten kann. Wenn man die Abzweigung weiterwandert, gelangt man nach Mitterbach und Mariazell. Ich bleibe jedoch im Ötschergraben.


Ab dem Ötscher-Hias ist die Schlucht belebter. Viele Wanderer kreuzen meinen Weg an diesem schönen, sonnigen Tag. Da ich ein schnelles Tempo anlege, muss ich ein paar mal warten bis ich vorbeikann. Der schmale Weg erlaubt es kaum nebeneinander zu gehen. Ein Überholen ist dann schwierig. Einige Stellen erlauben, zum Bach abzusteigen. Diese Möglichkeit nutzen ein paar Wanderer, die trotz der Kälte des Gebirgsbaches Baden gehen und sich in der Felsenschlucht sonnen.
Kraftwerk Wienerbruck#
Die Schlucht weitet sich wieder. Ötscherbach und Erlauf fießen ineinander. Der Fluss ist nun breiter und ruhiger. Ich erkenne auch schon das Speicherkraftwerk Wienerbruck. Bereits 1910 wurde es erbaut, um Strom für die nahegelegene Mariazellerbahn zu liefern. Die angestaute Erlauf und der Lassingbach schießen durch Rohre und Stollen rund 150 m hinab ins Tal und treiben damit die Turbinen für die Stromerzeugung an. Seit 2015 ist das Kraftwerk auch täglich für interessierte Besucher geöffnet. Führungen gibt es während der Wandersaison jeden Montag, Mittwoch und Freitag um 10:15.
Lassingschlucht#
Zum Abschluss der Wanderung geht es nochmal steil bergauf durch die Lassingschlucht. Zahlreiche Stufen erleichtern den Aufstieg. Bei seiner Reise in die Erlauf fällt der Lassingbach über mehrere Wasserfälle die steile Schlucht hinab. Eine Gruppe von Wildwasserkanuten nutzt die kleinen Wasserfälle, um abenteuerlich ins Wasser zu tauchen. Den Abschluss der Wanderung bildet das Naturparkzentrum Ötscher-Törmauer und der ruhige Wienerbrucker Staussee, worin sich das gegenüberliegende Bahnhofsgebäude spiegelt. Die Bergbahnstrecke von Mariazell bis Laubenbachmühle, die im Volksmund Himmelstreppe genannt wird, bietet fantastische Ausblicke, die ich mir nicht entgehen lassen will. Mit dem nächsten Zug verlasse ich Wienerbruck und blicke zurück auf eine wundervolle Wanderung.