Zwar ist Linz weithin bekannt als Industriestadt – die Stahlwerke der VOEST nehmen einen beträchtlichen Teil der Stadtfläche ein, doch auch historisch und landschaftlich hat sie einiges zu bieten. Einen Nachmittag hatte ich zur Verfügung in Linz, da ich meine Startnummer für den Marathon abholte, und so beschloss ich, eine kleine Wanderrunde zu gehen, um Linz zu erkunden.
Auf Linztourismus finden sich Pläne zu neun Stadtwanderwegen. Ich entscheide mich für den ersten auf den Freinberg.
Die Runde startet am großen, viereckigen Linzer Hauptplatz. Straßenbahnen queren. Menschentrauben sammeln und zerstreuen sich in die zahlreichen Cafés und Restaurants der Innenstadt. Im Zentrum steht eine prächtige, barocke Pestsäule. Der Hauptplatz war einst ein bedeutender Umschlagplatz. Durch ihn verlief der Salzsteig, auf dem Salz vom Salzkammergut nach Böhmen transportiert wurde.
Am nördlichen Ende des Hauptplatzes befindet sich der breite Durchbruch zur Nibelungenbrücke. Über Jahrhunderte war sie der einzige befahrbare Übergang über die Donau in Oberösterreich. Das Brückenprivileg erhielt Linz bereits 1497, woraufhin eine Holzbrücke errichtet wurde. Der Handel ließ die Stadt Linz daraufhin florieren.
Linzer Schloss#
Von der Pestsäule führt der Weg hinauf durch einen Altstadtteil zum Linzer Schloss. Heutzutage befindet sich in dem Renaissanceschloss das Schlossmuseum Linz. Als Universalmuseum deckt die Natur-, Kultur- und Kunstgeschichte Oberösterreichs ab. In der Vergangenheit fungierte es als Sitz des oberösterreichischen Landeshauptmann.
Eindrucksvoll thront das Schloss über der Donau und bietet einen wunderbaren Blick über Linz. Die vorzügliche Lage sollen schon die Römer als Wachturm genutzt haben. Ausgrabungen deuten darauf hin. Eine Verteidigungsanlage ist erstmals für 799 schriftlich belegt. Und um 1600 erhielt es die heutige Form.


Durch das Schloss und dann die beiden Festungstore, Friedrichstor und Martinstor, geht es weiter bergauf auf den Freinberg. Die Stadthäuser hier oben sind nur mehr eingeschossig. Kein Vergleich zu den mehrgeschossigen Gebäuden in der Altstadt unterhalb des Schlosses. Trotzdem handelt es sich um den ältesten Teil von Linz. Die frühmittelalterliche Siedlung befand sich rund um die unscheinbare Martinskirche auf dieser Anhöhe.
Freinberg#
Die geschlossenen Reihen der Häuser lösen sich auf und erlauben tiefe Blicke in das Donautal. Ich gelange ans Ende der Bebauung und wechsle von Asphalt auf Schotter in den Wald. Der Wald auf dem Freinberg wurde im 19. Jahrhundert vom Linzer Verschönerungs-Verein vor weiterer Bebauung geschützt und als Naturpark zum Zwecke der Erholung für die Stadtbevölkerung erhalten. Die Bevölkerung der Stadt Linz explodierte zu dieser Zeit. Die rasche Industrialisierung zog mehr und mehr Menschen in die Stadt. Ohne den Einsatz dieses Vereins gäbe es den Wald wahrscheinlich nicht mehr.
Auch eine Aussichtswarte ließ der Verein erbauen. Mir kommt er bekannt vor: Schließlich ist er dem Turm am Sternstein bei Bad Leonfelden zum Verwechseln ähnlich. Beide strömen diese romantische Rapunzelturmaura aus. Aber dieser Turm wurde zehn Jahre früher, 1888, zum vierzigjährigen Thronjubiläum von Kaiser Franz Josef I. erbaut.
Feuchter Holzduft dominiert das Innere der Franz-Josefs-Warte. Die alte hölzerne Wendeltreppe knarrt, doch sie erfüllt noch ihren Zweck. Auch ich schaffe es unversehrt auf die Turmspitze. Rapunzel wartet jedoch nicht auf mich, dafür aber ein fantastischer Ausblick über das Donautal, Linz und dem Pöstlingberg auf der gegenüberliegenden Donauseite.
Wieder unten auf festen Waldboden wandere ich erstmals bergab, zunächst vorbei an einem breiten Erdwall, der in der späten Bronzezeit angelegt wurde. Die Siedlungsgeschichte von Linz reicht weit zurück. Dann gelange ich wieder an den Stadtrand. Etliche große, moderne Villen befinden sich auf dem Hang. Die Aussicht, Ruhe und Abgeschiedenheit der Örtlichkeit sind beliebt.
Linzer Stupa#
Immer ländlicher und ländlicher wird Linz. Auch große Vierkanthöfe schmiegen sich an die Hänge. Um sie ein Meer an grünen Wiesen mit blühenden Kirsch- und Apfelbäumen. Ich meine, ich sei am Land. Die Stadt wirkt her fern und ist nicht zu sehen.
Die nächste Sehenswürdigkeit ist eine kleine Überraschung, die man in Österreich nicht erwartet. Es ist ein buddhistische Bauwerk – eine Stupa.
Eine Stupa (tib. Chörten) ist ein uraltes archetypisches Symbol für den voll verwirklichten oder „erwachten“ Geist.
Der Wind bläst kräftig und lässt die Gebetsfahnen heftig wehen. In der Stupa sitzt ein goldener Buddha und blickt in tiefer Meditation auf das weite Alpenvorland. Erst 2013 wurde jene Erleuchtungs-Stupa in Linz erbaut.


Altstadt#
Abschließend geht es zurück in die Stadt und zum Hauptplatz. Davor passiere ich noch das Landhaus, welches von den oberösterreichischen Ständen als Amts- und Tagungsgebäude errichtet wurde. Noch heute ist es Sitz des Landeshauptmanns, aber der Großteil der Verwaltung ist in die modernen Bürotürme in der Nähe des Hauptbahnhofes umgezogen.
Mit dem Durchgang durch das Landhaus befinde ich mich wieder in der Altstadt und sogleich am Hauptplatz, meinem Startpunkt. Eine spannende Wanderung, die weniger bekannte Facetten von Linz offenbart.