Zum Hauptinhalt springen
  1. Rennen/

23. Linz Donau Marathon

· Lesezeit 11 min
Traunviertel Stadt
Lambert Widdersinn
Autor
Lambert Widdersinn
Das Wandern ist des Widders Sinn
Inhaltsverzeichnis
Details
  • Distanz 42,2 km
  • Anstieg 86 hm

Ziele
#

  • A: < 3h
  • B: < 3h15min
  • C: Finisher

Training
#

Trainingsmethoden
#

Als Inspiration für mein Training dienten die Norwegian Singles Approach Forumsbeiträge auf dem Laufforum letsrun.com und die Blogposts von John Davis über die Trainingsmethoden von Renato Canova.

Im Norwegian Singles Approach wird versucht möglichst viel Zeit knapp unterhalb der anaeroben Schwellengeschwindigkeit (Sub-Threshold) zu laufen. Dadurch sollen sich die größtmöglichen physiologischen Anpassungen einstellen bei gleichzeitig geringer Ermüdung.

Das Sub-Threshold-Tempo ist vergleichbar mit einem Tempo, welches man ungefähr für Distanzen von 15 km bis 30 km läuft. Also alle Läufe über einer Stunde im Renntempo, oder ein bisschen schneller oder langsamer als Halbmarathontempo. Die Atmung ist dabei anstrengend, aber dennoch kontrolliert.

Schlüsseltrainingseinheiten sind dabei Intervalle von 10x3 Minuten, 5x6 Minuten und 3x10 Minuten. Die Pause zwischen den Intervallen ist mit einer Minute kurz und erfolgt gehend oder leicht joggend. Jeden zweiten Tag findet eine solche Einheit statt.

Am Tag dazwischen wird für 45 Minuten bis einer Stunde sehr locker gelaufen, um die Ermüdung gering zu halten. Einmal in der Woche findet ein längerer Lauf von 90 Minuten statt. Jede Woche wiederholt sich dieses Programm. Einzig die Geschwindigkeiten werden angepasst, wenn sich die Fitness steigert. Eigentlich ein recht simples Ding.

Das Training von Canova hingegen ist etwas komplizierter und abwechslungsreicher. Canova fokussiert sich auf das geplante Zieltempo. Einzelne Trainingsintervalle werden entweder ein paar Prozent schneller oder langsamer gelaufen, je nachdem wie lange das Intervall oder die Einheit ist.

Zu Beginn des Trainings ist das Band der unterschiedlichen Geschwindigkeiten noch relativ groß – beispielsweise schnelle, kurze Intervalle 10 % schneller und lange Tempoeinheiten 10 % langsamer als das Zieltempo. Doch je näher das Zielrennen rückt, desto enger wird das Band gezogen. Bis man schlussendlich fast das Zieltempo über die Zieldistanz läuft.

Umsetzung
#

Beide Methoden klangen vielversprechend und spannend, weshalb ich sie in mein Training einband. Zweimal die Woche lief ich ein Training nach dem Norwegian Singles Approach. Ich wechselte dabei zwischen 10x3, 5x6, 6x6, 3x10 und 3x12 Minuten.

Am Wochenende wurde statt der dritten Einheit ein schneller, langer Lauf nach Canova gemacht. Das Tempo war dabei rund 88 % bis 95 % des Zieltempos. Je näher das Rennen rückte, desto länger und schneller wurde dieser lange Lauf dann auch. Aus praktischen Gründen – Essensaufnahme und Trinken – brach ich ihn ebenfalls in Intervalle auf, beispielsweise 3x30 Minuten mit 92 % des Zieltempos und 5 Minuten dazwischen leichtes Joggen.

Zusätzlich wollte ich zumindest einen 30 km Lauf in den Beinen haben, idealerweise natürlich mehr. Zudem wechselte ich die Intensität dieser Läufe jede Woche ab. Auf einen schnellen, langen Lauf folgte ein langsamer, längerer Lauf. So tastete ich mich an die Marathondistanz heran.

Ohne ein paar Trainingsunterbrechungen kam ich jedoch leider nicht aus. In der zweiten Trainingswoche stand ein kleiner Skiurlaub an. So konnte ich nicht alle geplanten Einheiten laufen.

Etwas später infizierte ich mich mit der Grippe. Ein paar Tage konnte ich das Bett nicht verlassen. An Training war nicht zu denken. Selbst einfache, tägliche Aufgaben stellten schon eine Herausforderung dar. Das Training konnte erst wieder nach einer Woche Ruhe aufgenommen. Und auch nach dem Trainingswiedereinstieg schränkte ich die Intensität der Einheiten weiterhin ein: Keine schnellen oder langen Läufe.

Insgesamt fielen deshalb drei lange Läufe aus. Das Ziel, von ein paar 30 km Läufen, war daher ernsthaft in Gefahr. Überstürzen wollte ich nichts. Glücklicherweise sprach ich gut auf den Trainingseinstieg an und konnte bald wieder dort fortsetzen, wo ich aufgehört hatte.

Aber nicht nur Schatten, sondern auch Sonne, in Form von schönem Wetter, zeichnete dieses Zyklus aus. Dieser Winter war ausgesprochen niederschlagsarm. Kaum ein Training musste ich ausfallen lassen oder auf das Laufband verlegen.

Vor dem Rennen
#

Der Wecker klingelt um 6 Uhr. Schon seit ein paar Minuten liege ich wach im Bett und starre in die Finsternis. Aufstehen. Rein in die Jogginghose und ab zum Frühstück. Zwei Weckerl mit Liptauer und ein doppelter Kaffee zum Munter werden. Noch ins Laufoutfit geschlüpft, mein Beutel mit Umziehgewand und Rennschuhe um die Schulter geworfen und ab zum Bahnhof.

Per Zug geht es nach Linz. Schon ein paar Läufer kann ich am Bahnsteig erspähen. Das sportliche Outfit und die Schuhe verraten sie.

Vom Zugfenster aus in die Landschaft schauen. Der Sonnenaufgang erhellt die schneeweißen Berge in der Ferne.

Rund 4 km bis zum Start auf der Donaubrücke der A7. Ein gemütlicher Spaziergang entlang der Strecke und der Donaulände. Eifrig werden noch die letzten Aufbauarbeiten abgeschlossen. Die Tontechniker testen die Instrumente. Mindestens sieben Bands verteilt auf der Strecke sollen Publikum und Läufer begeistern. Polizisten sammeln sich vor den Absperrungen.

Bereits die ersten Events des Tages sind gestartet. Die Inlineskater und die Handbiker rasen die Strecke entlang. Sie sind so schnell. Wow. Auch die Teilnehmer des 5 km Lauf machen sich bereit. Der Moderator startet den Countdown und los geht’s.

Inlineskater während des Linz Marathons auf der Nibelungenbrücke.

So, ich muss noch auf die Toilette. Es riecht. Kein Klopapier, oje. Glücklicherweise hab ich eines eingepackt.

Die Brücke ist schon richtig voll mit Läufern. Sie tratschen und quatschen mit Freunden und Bekannten. Ab in die Rennschuhe. Noch schnell ein Foto und ich wärme mich auf. Ein kurzer Lauf, ein paar dynamische Dehnübungen und zurück zum Start. Es ist schon richtig voll. Nur noch 5 Minuten. Ich wusel mich durch. Wo ist der 3:00-Pacer? 4:15, 4:00, 3:45, 3:30, 3:15, hier knapp davor der 3:00 Pacer.

Ich stelle mich ein paar Läufer hinter dem Pacer. Ein großer, schlaksiger Typ. Ganz schön eng hier. Der Moderator ruft ins Mikrofon, peitscht die Menge an. Die Hände hoch. Links. Rechts. Countdown.

3 … 2 … 1 …

Rennen
#

Das Feld streckt sich. Ich kann gut laufen. Kein Gerangel. Alle haben sich gut eingeordnet, obwohl es keine Blöcke gab. Kaum jemand wird überholt oder überholt. Ich behalte den Pacer im Auge.

Wir überholen die Halbmarathonläufer, die auf der anderen Brückenseite etwas vor uns gestartet sind. Ich erinnere mich ans letzte Jahr, als ich den Halbmarathon gelaufen bin. Die davonziehende Marathonelite und das nachfolgende Band der Marathonläufer zu beobachten, war damals fantastisch.

Der Pacer zieht mir mehr und mehr davon. Bin ich zu langsam? Ich schau auf meine Uhr. Erster Kilometer 4:04! Zu schnell!! Aber der Pacer ist noch schneller!!! Es geht zwar leicht bergab, aber trotzdem. Ich unterhalte mich mit den Läufern um mich. Sie sind ebenfalls der Meinung, dass er zu schnell läuft. Sie vertrauen lieber ihrer Uhr und lassen ihn ziehen.

Ich entscheide mich anders. Lieber laufe ich in einer Gruppe, geschützt vom Wind. Vielleicht hilft’s. Ich halte das Tempo hoch.

Nach ein paar Kilometern hole ich ihn ein und laufe in der großen Traube um ihn. Ich fühle mich gut. Zahlreiche Zuseher entlang der Strecke feuern uns an. Bei der ersten Labstelle nehme ich einen Becher Wasser. Das Trinken fällt mir schwer. Ein Schluck. Ein zweiter Schluck durch die Nase. Das muss ich noch üben.

Ein Läufer wechselt gefährlich die Seite, von links nach rechts über die ganze Straße und Gruppe. Dabei kommt ein anderer vor mir zu Fall. Ich weiche aus. Vollkommen unnötig die Aktion. Warum muss das sein?

Wir verlassen Urfahr, den Norden von Linz. Auf der Nibelungenbrücke warten links und rechts so viele Zuseher und feuern uns an. Ein toller Abschnitt. Wir sind dem Ziel am Hauptplatz schon ganz nah, aber biegen links ab. Schließlich sind noch über 30 km zu laufen.

Ich nehme mein erstes Gel. Das funktioniert gut. Schließlich habe ich das im Training auch geübt. Bei der nächsten Labstelle wasche ich meine von Gel etwas klebrigen Hände. Wieder ein paar Schlücke Wasser.

Wo ist der Pacer? Ich hab ihn bei der Labstelle verloren. Hat er verlangsamt, um Verpflegung aufzunehmen? Ich blicke kurz zurück, sehe ihn aber nicht. Die Gruppe ist groß und läuft unbeirrt das vom Pacer zuvor vorgegebene Tempo weiter.

Langsam zerfällt unsere Gruppe. Ein paar fallen ab, ein paar ziehen davon. Der Halbmarathon, die Hälfte der Strecke naht. Regelmäßige Kilometermarker an der Streckenseite zeigen an, wie weit es noch ist.

Neuer Untergrund: Kopfsteinpflaster. Etwas ungemütlich, weil man nie flach auftritt.

Ich bin mir unsicher. Wo ist das Ziel? Wo muss ich abbiegen? Nicht, dass ich unbewusst ins Ziel laufe. Ich trage keine Brille. Vielleicht hab ich die Abbiegung übersehen. Ich blicke mehrmals zurück. Die Läufer hinter mir haben auch eine rote Startnummer, so wie ich. Also alles gut.

Jetzt seh ich das Schild. Geradeaus Halbmarathon, links Marathon. Meine letzten Begleiter verlassen mich und setzten zum Zielsprint an. Ich biege links ab. Die Hälfte geschafft.

Ich laufe alleine. Zeit für mein zweites Gel. Wieder Wasser bei der Labstation.

Es geht auf eine lange Gerade mit Umkehrpunkt am Ende. Die führende Frauengruppe verlässt sie gerade bei meiner Ankunft. Viele schnelle, einzelne Läufer kommen uns entgegen. Das vordere Feld ist schon stark zersplittert.

Ich schließe auf einen Läufer auf und versuche im Windschatten sein Tempo zu halten. Auch auf der Gegengerade kann ich den 3:00-Pacer nicht sehen, dafür aber den 3:15-Pacer. Gegen Ende der Gerade muss ich den Läufer vor mir jedoch ziehen lassen. Meine Beine fühlen sich müde an. Ich kann nicht mehr ganz unter 4:15 min/km laufen, nur knapp darüber.

Ich hole zwei Läufer ein und hänge mich an sie an. In der Gruppe ist es einfacher. Etliche Meter vor uns läuft eine einzelne Läuferin. Weit vor ihr niemand.

Wir halten den Abstand, laufen dasselbe Tempo. Wir können sie nicht einholen, eher verlieren wir sogar an Boden.

Ich übernehme die Spitze unserer Gruppe. Meine Mitläufer haben Probleme das Tempo zu halten und werden langsamer. Auch die Läuferin vor uns scheint nun Probleme zu haben. Ich schließe zu ihr auf.

Die 30 Kilometer sind bald geschafft. Der 3:00-Pacer holt mich ein. Er hat noch eine größere Gruppe um sich. Ich versuche sein Tempo zu halten, doch nach ein paar hundert Metern muss ich ihn bei einem Bergaufstück ziehen lassen. Meine hintere Oberschenkelmuskulatur fängt leicht zu krampfen an.

KM 32. Ich verzögere das Tempo und gehe für ein paar Schritte.

KM 35. Eine Labstelle. Ich gehe und trinke. Meine rechte, hintere Oberschenkelmuskulatur fühlt sich gar nicht gut an. Sie krampft immer wieder. Die 3 Stunden kann ich mir abschminken. Es ist schwierig die Motivation aufrechtzuerhalten. Auch die Blasen an beiden großen Zehen nerven. Die spüre ich schon seit KM 10.

Die Helfer an der Labstelle rufen mir gut zu. Ich raffe mich auf, laufe weiter. Aber das Tempo ist nicht mehr da. Vom Herz könnte ich noch, aber die Beinmuskulatur streikt. Auch fürchte ich jeden Moment einen schmerzhaften, schweren Krampf.

Bei KM 41 ist es so weit. Der Muskel krampft vollkommen, zieht sich zusammen und will sich nicht mehr lösen. Schmerzen. Ich muss stehen bleiben. Es geht nicht weiter. Ich massiere den Muskel für ich weiß nicht wie lange. Dann gehe ich.

Ich hab noch ein Gel. Auf das habe ich vollkommen vergessen. Ich nehme es im Gehen. Am liebsten würde ich jetzt bis ins Ziel gehen. Es ist ja nicht mehr weit.

So viele überholen mich, das tut weh. Aber ein paar rufen mir beim Vorbeilaufen zu, “Nicht mehr weit”, “Geht schon”, “Komm weiter”.

Ich beginne wieder zu laufen. Leicht bergauf über Kopfsteinpflaster. Wieder die Abbiegung, aber diesmal kann ich geradeaus zum Hauptplatz laufen. Zum Schluss bergab und …

Ziel. Erleichterung. 3:08:18 steht auf der großen Zieluhr. Geschafft. Mein erster Marathon.

Rückblick
#

Das A-Ziel klar verfehlt aber trotzdem überwiegt die Freude: Erster Marathon geschafft und trotz der Probleme in einer tollen Zeit.

Was lief schief? Warum hat es nicht für eine Zeit unter 3 Stunden gereicht? Welche Lehren kann ich daraus ziehen?

  • Längere Läufe. Mehr Trainingsläufe über 30 km wären sicherlich nicht verkehrt gewesen, aber die Krankheit in der Vorbereitung hat dies leider verunmöglicht. Aber für meinen nächsten Marathon werde ich mehr darauf fokussieren.
  • Zu hohes Anfangstempo. Ich hätte ich mich wirklich an meine Pacingstrategie halten sollen. Den 3h-Pacer einfach ziehen lassen und vielleicht hätte dann meine Muskulatur nicht so verkrampft gegen Ende. Der 3h-Pacer finishte schlussendlich in rund 2:57.
  • Dehydration und Salzmangel. Nach dem Rennen war ich auch stark dehydriert, der Urinfarbe nach zu urteilen, und Salz klebte auf meiner Haut. Wahrscheinlich spielte das auch eine Rolle für den Krampf. Nächstes Mal mehr Trinken. Ein paar Sekunden Zeitverlust bei einer Labstelle, um richtig zu trinken, ist kein Maleur. Später hole ich sie wieder locker ein, wenn ich keinen Krampf bekomme.
  • Mehr luftdurchlässige Socken, damit ich nicht soviel schwitze und Blasen vermeide. Die Blasen waren sehr unangenehm und vielleicht hab ich deshalb meinen Laufstil leicht angepasst und die hintere Oberschenkelmuskulatur mehr belastet.

Nun zum Positiven:

  • Der Marathon ist super organisiert. Viel Publikum feuert an und jubelt im Ziel und am Straßenrand.
  • Das Wetter war perfekt. Bewölkt, knapp unter 20 °C und kaum Wind.
  • Mein Rennschuh hat auch super funktioniert, abgesehen von der Blase, aber daran sind eh die Socken Schuld.
  • Und es war eine großartige Erfahrung.

Es wird wahrscheinlich nicht mein letzter Marathon sein und für den nächsten werde ich mich besser vorbereiten. Auch muss ich noch einen ganzen Marathon laufen 🤣

Aber für die nächsten Monate liegt der Fokus auf kürzeren Distanzen. Ich möchte 10 Kilometer unter 40 Minuten laufen. Meine derzeitige Bestzeit bin ich während diesem Marathon gelaufen. Auch hab ich im Juni ein 3 km Rennen. Mal schauen wie schnell ich da bin.

Splits
#

DistanzZeitTempo
520:414:08
1020:324:06
1520:564:11
2020:534:11
2521:084:14
3021:424:20
3522:124:26
4025:595:12
42,213:525:42
Zeit3:08:014:26

Verwandte Artikel

Ybbser Panoramarunde
· Lesezeit 4 min
Strudengau Fluss Stadt Kloster
Melk – Aggsbach Dorf
· Lesezeit 5 min
Wachau Wald Stadt Schloss Kloster
Krems – Dürnstein
· Lesezeit 4 min
Wachau Fluss Weingarten Stadt
Trinkgeld